Freitag, 22. Mai 2015

Tag 1 - Samstag 23.5 - Anreise

17:00 Flughafen Hahn

Der camino hat mich wieder. Schneller als ich es selbst glauben kann. Offenbar bin ich schon da. 
Meine erste Etappe führte mich in Hahn vom Parkplatz zum Abflug B. Kaum hatte ich mit meinem Minirucksack das Terminal betreten, ging plötzlich ein Mann neben mir, der fragte wohin ich fliege und wo ich starte. Obwohl nicht seine Richtung, ging er mit und erzählte mir, das er am 1.6 in Saarbrücken auf eine 2300km Tour nach Santiago startet. 4 1/2 Monate. 10 Min. später verabschiedete er sich mit einem freundlichen "bon camino"  wieder.
Mein erstes auf der Reise und das auf dem Hahn.....

Spanien, ich komme ......

Dank an Klaus und seinen Gesangsverein :)


21:00 Ankunft in Santander

Wie erwartet sind wieder viele Leute mit Rucksäcken unterwegs. Mit ein paar kam ich ins Gespräch und deren Ziele könnten unterschiedlicher nicht sein. Ein paar gehen die Nordroute, einige nach Pamplona, Leon und soweiter.
Aufällig ist, das mein Rucksack wieder der schwerste ist und vor allem der größte. Ein paar mit denen ich Sprach, hatten alle zwischen 8 und 10 kg ohne Wasser. Bei mir sinds 11,5 ohne und 12,5 mit.

Trotz allem wird das eine Herausforderung. Das Marschgewicht sind doch erschreckende 131 kg. Alleine 4,5 kg trage ich am Leibe. Dafür gehe ich Spanien im Moment noch so graziel wie noch nie zuvor.....noch.

Heute ist das letzte mal Luxus angesagt, in meinem Einbettzimme für 25 Euro.
Ab morgen gehts wieder in die Refugios. Morgen früh gehts um 8 los mit dem Bus nach Santander. Wenn ich eine Anschluss finde fahre ich zurück bis Santo Domingo del Calzada. Theoretisch sollte ich um 14:00 dort sein. Dann gehts auf die Piste und mal schauen wie weit ich komme.

Theoretisch sollten diesmal die genauen Routen unter 

https://www.runtastic.com/de/benutzer/tim-mobus/dashboard

einsehbar sein. Vieleicht schreibt mir morgen Abend jemand mal in die Kommentare ob das geklappt hat.

Wer Rynair fliegt kennt das. Priority CheckIn ist geil :D
Aber argh eng und voll wars schon. Dafür war der Flug umso geiler. 





W

Vorbereitungen

Als nunmehr erfahrener Pilger ist die Wiederholung natürlich Easy Going. Man weis was man braucht und was nicht und auf was man achten muss.

Zum Beispiel die Vorbereitung. Wie jeder gute Pilger habe ich von dem Zeitpunkt an, an dem ich mich entschloss den Weg wieder zu gehen, entschieden diesmal perfekt vorbereitet zu sein. So da wären :
Abnehmen um Gewicht einzuparen, tägliches Füsse eincremen, tägliches Krafttraining, an den Wochenenden 50km wandern um die Füsse auf die Belastung vorzubereiten und und und....

Wie bei jedem durchschnittlich gewissenhaften Pilger hat das auch perfekt geklappt. Mit eisernem Willen habe ich das Programm dann auch gnadenlos durchgezogen...........zumindest im Geiste^^
In der Praxis musste ich natürlich naturgemäß den ein oder anderen kleinen unbedeutsamen Abstrich hinnehmen. Immerhin war ich 2x insgesamt rund 24km wandern bin 70km Rad gefahren und hab 3 Kraftsport Einheiten hinter mich gebracht.... Was soll ich sagen - 6 Wochen Vorbereitung sind halt nun mal nicht viel.


Dafür war das inhaltlich Packe Easy going. Immerhin weis ich genau was das letzte mal passte und was weniger. und ich habe auch noch alles. Diesmal wird es zum Glück entsprechend günstiger. Wanderschuhe, Rucksack, Sandalen, Klamotten und so weiter - alles da.
Allerdings wenn ich mir die Bilder so anschaute, die alte Hose, das komische T-Shirt - man will ja schließlich auch ein wenig gut aussehen. Reicht schließlich wenn man bei den zu erwartenden all abendlichen Zusammenbrüchen die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht, dann muss das ja nicht auch  den ganzen Tag über sein. 2 Tage später war ich 200 Euro ärmer und dafür eine paar Garnituren ultraleichter und schnelltrocknender Klamotten reicher.
Aber da war doch letztes mal noch was.......Ein gutes Messer braucht man dort dauernd und eine gute leichte Taschenlampe ist pflicht. Das tippen auf dem Handy war teils echt nervig, eine Tastatur wäre schön. Und ohne Hirschtalg, einen Lebensvorrat Blasenpflaster, Tape und mini Fläschchen an Toilettenartikel geht gar nix. Und die Socken, die waren doch letztens auch immer wieder ein Thema.
Weitere 200 Euro eine Erkenntnis ärmer........



Eine Woche vor Abflug war dann auf dem Küchentisch alles schön aufgereiht. Perfekt. Nur noch einpacken, dauert 1h, dann kannste in den Flieger. Dachte ich. Man ist ja nun schließlich ein erfahrener alter Hase
Das gute Gefühl zu Wissen, das der camino sich um dich kümmert und du dich um nix mehr selbst kümmern müsst beruhigte. Immerhin waren hin und Rückflug sowie das erste Hotel für die Übernachtung in Santander schon seit Wochen gebucht. Auch raubt die Arbeit und der Alltag meine ganze Aufmerksamkeit, so das eine innerliche Vorbereitung kaum statt fand.
Am Donnerstag spät Abend macht ich mir dann doch einmal Gedanken über das was da 48h später auf mich zukommt. Und es ging los. Hast du alles, Plötzlich fallen einem tausend Sachen ein die noch erledigt werden müsse, Sachen die fehlen. Hab ich genug Blasenpflaster, zu trinken, aufs HAndy muss noch Musik, wieviel wiegt eigentlich alles und sollte ich nicht vielleicht doch mal über eine Fahrkarte nach Burgos und Fahrplänen schauen ?. Was mach ich wenn Darmstadt 98 am Sonntag nicht aufsteigt ? Wie war das noch mal mit dem Hostel in Santander und wo war das ? Hey, ich bin doch jetzt eigentlich erfahren......und ups Rynair müsste ja auch noch eingecheckt werden und zu allem Überfluss ist mein Drucker defekt......
Ich war heilfroh, als mir heute meine Chefin trotz Abwesenheit kurzfristig einen zusätzlichen halben Tag Urlaub gewährte. Jetzt bin ich wieder die Ruhe und Gelassenheit selbst - Gott, ich muss auch noch zur Post und zum Zahnarzt und .........

Zuhause angekommen ging es an Packen. Was da auf dem Tisch lag, war dann doch der Wahnsinn. Geschätzte 20 kg.
Nach ewigen Ausmisten wurde es dann langsam. Die Rubriken Medikamente und Toilettenartikel halbierten sich auf das wirklich wesentliche und absolut essentiellste.




Vor allem beim Mundwasser Listerine (1Liter Flaschen) lies sich eine Menge sparen. Zum Glück hab ich das vorher gesehen und frühzeitig zwei kleine Plastik Fläschchen Wodka gekauft, deren inhaltliche Leerung  ich mich hingebungsvoll und uneigennützig persönlich opferte.
Aber lecker wars scho :)



Was da plötzlich alles über war. Schon erstaunlich.

Dafür wiegt der Rucksack nun nur noch erstaunliche 11,1 kg ohne Wasserflasche und das obwohl ich mehr Kleidung dabei habe als letztes mal. Letztes mal hatte der rund 14kg ohne Wasser.
Auf der anderen Seite überlege ich, doch noch das ein oder andere einzupacken, wie z.B. die Wandersandalen, 2tes Handy, Haargel, Tablet.......




Donnerstag, 21. Mai 2015

Jacobsweg reloaded - Gedanken

Wieder einmal ist es soweit. Ein geplanter Urlaub, mit verlorenem Ziel und bevor man diesen auf der Couch verbringt, schwirren einem so einige verquere Gedanken im  Kopf herum. Dazu zählen auch die Erinnerungen an das Leben als kleiner Pilger und plötzlich bekam der Wahnsinn neue Flügel. Noch eh ich mich versah und so recht kapierte, was ich da überhaupt tue, war der Flug auch schon gebucht. Das war Mitte April und der Trip also noch gaaaaaaanz weit weg.

Wer den Jakobsweg einmal gekostet hat, will ihn auch durchziehen. Rund 850km aus Frankreich. Wer wie ich schon die ersten rund 280km hinter sich gebracht hat, will nicht mehr aufgeben. Geplant sind wieder 2 Wochen mit ebenfalls 250-300 km. Den ganzen Weg werde ich also in 3 Etappen marschieren.
Immer wenn ich so darüber nachdenke das ich jetzt tatsächlich die zweite Etappe bestreiten werde, kommt irgendwie ein komisches Gefühl auf. Nicht die Strapazen die auf einen zukommen oder die Schmerzen. Nein. Es ist mehr das ungute Gefühl, mit bestreiten der zweiten Etappe, nur noch eine vor sich zu haben, bis man am Ziel ist und damit alles vorbei. Ideen wie Teiletappen von Deutschland aus zu laufen und es damit zu einer ewigen Reise werden zu lassen, sowie andere Hirngespinste tauchen plötzlich auf....und nein diesmal war kein Alkohol im Spiel :)
Natürlich kann man den Weg ein zweites und drittes mal gehen und die Routen variieren. Aber ist es dann wirklich das selbe ? Ist es dann nicht wie eine Wiederholung einer Wiederholung im Fernsehen ? Ich weis es nicht.
Verrückt ist, das ich den Drang verspüre es nicht enden lassen zu wollen. Trotz aller Strapazen und Entbehrungen. Meine idealen Urlaube bestanden bis dato immer aus Hotel, Strand und ganz wichtig einer Poolbar, sowie idealerweise einem ausgiebigen Spätaufsteher Frühstück. Presidentsclub ich komme :) Und um ehrlich zu sein, bin ich immer noch der bekennende Couchpotato und sportlich eher fauler Durchschnitt. Auch der Gedanke an die bevorstehende "Herausforderung" lässt mich nicht in Jubelstürme ausbrechen. Aber irgendetwas in mir treibt mich wieder auf den Weg, es ist fast wie ein Zwang, ohne wirklich bewusstes zutun, man tut es, plant es und macht es fest. Fast instinktiv. Die Magie die von diesem Weg ausgeht ist schon fast unheimlich. Oder liegt es einfach nur an mir ?
Zeit zu finden um zur Ruhe zu kommen, geistig unerledigtes aufzuarbeiten, neue Energie zu tanken, Entscheidungen zu finden ? Zugegeben da gibt es einiges.

Bewusst ist es für mich in erster Linie eine sportliche Herausforderung und ein Weg weiter abzunehmen. Ich habe in den letzten 8 Wochen rund 9 kg Gewicht verloren und starte jetzt ungefähr mit dem selben Gewicht, mit dem ich das letzte mal zurück kam. In diesen 2 Wochen verlor ich damals 5 kg. Man will sich attraktiver fühlen, Themen wie Beziehungen sicherer angehen, um vielleicht eines Tages mit der richtigen zusammen zu leben.
Aber was passiert schon wirklich bewusst - zumindest ist es ein netter Nebeneffekt.

Ich muss in Verbindung mit dem Jakobsweg in letzter Zeit oft an meine eigenen letzten Zeilen denken, die ich am Ende in Spanien schrieb.

"
Der camino ist das Abbild eines Lebens. Man hat viele Abzweigungen, Schmerzen und Hindernisse. Freud und Leid liegen dicht beieinander. Aber, wenn man seinem/dem Pfad folgt und nicht aufgibt, kommt man unweigerlich ans Ziel. Menschen treten in dein Leben, begleiten dich eine Weile und verschwinden wieder im.nichts. Freundschaften entstehen und vergehen. Manche halten über den camino hinaus. Ein Leben im Zeitraffer.
Was es heißt am Ende des Weges des Lebens anzukommen, kann ich nicht erfassen, genauso wenig wie das Ende der Reise auf dem camino. Ein jeder lässt etwas auf dem Weg zurück und findet neues. Eine Metamorphose beginnt.
Wie mag es sein den Weg zu beenden ?
Wie mag es sein Jahre später den Weg noch einmal zu gehen - ist es eine Wiedergeburt ? Die Seele entspannt, regeneriert und erneuert. Die Erneuerung beginnt in dem Moment in dem man den Pfad betritt.
Viele Menschen fragten mich, selbst schmerzgeplagt, "why the hell are we doing this". Warum tun wir uns das an. Ein jeder hier kennt die Antwort, für sich persönlich, individuell. Ich kenne meine Antwort.
"

Eine Quintessenz, eine Erkenntnis aus dem Marsch, sorgte letztendlich dafür das ich heute einen neuen Job habe und die Arbeit wieder anfängt Spaß zu machen. Auch diesmal gilt es wieder sich über einiges klar zu werden, persönliche Entscheidungen zu treffen oder getroffene mental zu festigen. Einen nächsten, neuen Schritt zu gehen...