Rückblick und weiter gehts
Dafür war er sauber und die Leute haben im Duett geschnarcht. Ein Orchester in Reinkultur beim Stimmen.
Der gestrige Tag war extrem. Den endgültigen Gipfel hatten wir erst 5km vorm Ziel erreicht. Wer glaubt 1300m Aufstieg sei heftig, muss erst mal 500m bergab gehen. Das war die Hölle. Die ausgebrannten Muskeln, welche bei jedem Schritt Bremsen mussten, völlig überlastet. Kurz vorm Ziel kamen dann erste Anflüge von Krämpfen und die letzten 100m waren die schlimmsten meines Lebens.
Licht aus war um 22:00h , wecken um 6:00. Also fast streng mit den Hühnern, wobei letzteres gab es da nicht oder nicht mehr. Würde mich nicht wundern wenn ein entnervter Morgenmuffel die gemeuschelt hat.
Leider ist die Gruppe sehr inhomogen. Während alle schon um 6:30 zum Frühstück waren und um 7:15 abmarschbereit, kam ich grad aus dem dem Bad....Ich habe den Schlafsaal als letzter verlassen. Der Gedanke mich diesem Massenrennen um das Bad und zum nächsten Ziel anzuschließen ist mir ein Greul.
Ich Frage mich immer mehr ob es sinnvoll ist gemeinsam zu gehen oder doch besser jeder für sich.
Alleine nur die Unterschiede zwischen mir und Katja sind extrem. Ich möchte laufen wenn ich Lust habe, soweit wie es der Körper zulässt....ohne Ziel...in Ruhe und Musse. Sie möchte am besten um 7 auf die Piste und alles genau planen. Wann, wie, wo ist die nächste Kreuzung, Unterkunft, was kostet diese, wo hat es die nächste Waschmaschine, wie weit gehen wir und überhaupt auf jeden Fall mit der Gruppe. In meinen Augen ist das alles völlig bedeutungslos.
Heute Morgen sind wir um 08:30 los in den nächsten Ort Proviant besorgen. Während alle laufen wollen, brauche ich erst mal ein Frühstück um den Tag mit Ruhe beginnen zu lassen. Also sind wir auf meinen Wunsch hin in ein Kaffee eingekehrt. Aber während ich beim letzten Schluck Kaffee das hier Tippe, stehen alle schon ungeduldig draußen und warten darauf wann ich endlich komme. So schön das Pilgern mit Leuten und guten Gesprächen ist, so sehr ist dieser Gruppenzwang für mich Stress pur.
Entsprechend habe ich das jetzt beendet und Sebastian mitgeteilt das ich nicht mitgehe und noch einen Kaffe trinken werde. Wir treffen uns in Zubri eventuell wieder, so ich denn mit meinen m
üden Knochen soweit komme. Wenn nicht kehre ich vorher ein. Eben genau sowie von Anfang an geplant und kommuniziert. Mir ist egal wann ich wo bin. Das völlig ohne jeden belang.
Katja ist bei der Gruppe geblieben - zur Not hat Sie Ihr Flugticket und wir treffen uns in Santander am Flughafen wieder.
Der letzte Kaffee in absoluter Ruhe und ohne genörgel und Druck schmeckt plötzlich doppelt so gut.
Solche Schilder machen Mut. Fast da....
KM - keine Ahnung, gefühlt km 598
Ich bin mir meinen Kräften völlig am Ende. Schon heute Morgen nach den ersten drei km in dem Kaffee, hatte ich das Gefühl das meine Akkus so leer sind wie die meines Handys.
Der Weg hierher war Super. So gut wie keine Menschenseele weit und breit. Wobei ich zugeben muss, das das Pilgern ohne ablenkende Gespräche deutlich schwieriger ist.
Meine Beine fühlen sich mittlerweile an wie Blei. Irrigerweise ist die Kondition noch lange nicht am Ende. Selbst auf Steigungen erreicht der Puls nur Spitzen von 115 Schlägen, aber die Muskulatur.....
Eben hatte ich eine Steigung von Ca. 1,5 km. Wo ich gestern noch ohne mit der Wimper zu zucken hochgezogen wäre musste ich jetzt alle 10min kurz stehen bleiben.
Gerade eben ist Pilgerpärchen ist an mir vorbeigezogen und hat mich mitleidig angeschaut. Der Rest der Pilgerschar ist schon weit voraus. Allerdings reisten diese wie viele andere nur mit leichtem Rucksack und nutzten den Gepäcktransportservice, wie mittlerweile so viele.
Das käme für mich nie in Frage, genauso wenig wie das Angebot eine Etappe auszusetzen und mit dem Bus zu fahren um den Geschwindigkeitsunterschied der Gruppe auszugleichen. Ich werde meinen camino bestreiten, jeden verdammten einzelnen Meter, egal wie lange ich brauche.
Jetzt nach ich erst einmal ausgiebig Pause mit einem Franzosen und seinem Esel Jeanny Jean, ohne mir nach 15min darüber Gedanken machen zu müssen ob meine Muskeln kalt werden.
18:30 Ankunft in Zubiri
Sterben
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19:30 Zubiri - Rückblick
Die Leute im Dorf haben mich dann auch alle ziemlich Mitleid erregend angesehen. Jaque war schon im Dorf und die Attraktion - bis ich kam.....
3km vor Zubiri wo ein Herberge sein sollte, war keine. Es mag auch sein das ich unterwegs halluziniert habe, oder ich hätte abbiegen müssen oder ich daran vorbei lief ohne Sie zu sehen......Irgendwann, wenn es an die Substanz geht bekommt man einen Tunnelblick. Ich weis nicht ob das am camino liegt oder Zufall war, doch als ich kaum noch weiter konnte, stand ich plötzlich vor einem Stoppschild auf dem Stand "dont stop walking".
Kurze Zeit später als ich wieder nicht mehr konnte, riss plötzlich die Wolkendecke auf und die Sonne kam raus. Der Anblick des Weges war Wunderschön und die Sonnenstrahlen gaben meinen müden Muskeln wieder Kraft.
Wieder ein Stück weiter als die Beine wieder schwer wie Blei wurden und jeder einzelne Muskel und Gelenk schmerzte kam Jeanny-Jean plötzlich von hinten...
500m vor Zubiri verließen mich dann die letzten Kräfte. Obwohl es immer noch Steil bergab ging war der Weg sehr gut begehbar. Trotzdem konnte ich kein Fuß mehr nach vorne setzten, wie ein Mulli das sich nicht traut den Abhang hinunterzugehen scharrte ich mit den Füssen. Ich stand einen Augenblick da und setzte mich ohne den Rucksack abzunehmen mitten auf dem Weg. Ich sass dort bestimmt eine Viertel Stunde - und da war es wieder das nächste Zeichen, das mir die Kraft gab aufzustehen und weiterzugehen. Nur diesmal war es nicht Jeanny-Jean die schon im Dorf war auf das ich blickte, sonder eine Horde Geier die über mir kreisten.
Ok, es können auch Adler gewesen sein. Aber ich bin kein Ornithologe, von daher waren es Geier - Basta.
Als ich dann durch gefühlt Tausend mitleidigen Blicken zum Refugio ging, bekam ich noch ein Zimmer. Ich weiss nicht ob mir mein Blick dermaßen entsetzlich entgleist ist, aber die Dame schaute mich plötzlich total entgeistert an, fuchtelte wild mit den armen rum und rannte weg. Da stand ich nun allein und verlassen vor einer gefühlt ewig langen Treppe in den ersten Stock.....Ein Mordanschlag hätte nicht wirkungsvoller sein können.
Jetzt 2h später lebe ich langsam wieder - ein wenig.
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