Mittwoch, 11. Juni 2014

Tag 11 - Najera - Sprachen

Heute habe ich mir nur eine kleine 13km Etappe vorgenommen. Die Rechte Blase ist unter der compeed wieder voller Wasser und drückt heftig. Langsam trau ich diesen Blasenpflastern nicht mehr, das die was taugen.
Auf geht's....

Heute gabs nur eine kurze Etappe. Laut Pilgerführer bis Navaje ca 17km, laut Autobahnschild 11km, gefühlt ca. 47 km, realistisch Ca. 14 km. Der Marsch selbst glich grösstenteils einem Humpeln.
Heute habe ich mir den Luxus gegönnt in einer privaten Herberge in ein 3Bett Zimmer einzuziehen. Eigentlich hat die mehr was von einem Hotel........und 15 Euro sind ok. Obwohl ich um 1 das Zimmer bezogen habe, schlief ich sofort ein. Die körperlich Erschöpfung ist enorm.
Ich bin mir sicher, das es nichts mit dem allmorgentlichen Wecken um 6 oder den strapaziösen Märschen zu tun hat. Im Gegenteil, die geben Kraft. Vielmehr hab ich das Gefühl, das jetzt langsam die ganze mentale Erschöpfung, der Stress und die Ängste der letzten Monate durchbricht. Gepaart mit dem Regenerationsaufwand der Füsse, macht das müde.
Das einzige was ich hier bereue ist, das ich diese Reise extra von 3 auf 2 Wochen verkürzt hatte um Sie nicht alleine zu tun. Aber auch das lehrt der Weg - es gibt für alles einen Sinn.
Ich habe noch nie einen Ort erlebt, an dem man sich so Fallen lassen kann. Wenn ich da an den Start zurück denke - wo ist der Bäcker, was ist mit Reiseproviant, wo die Herbergen, wie verläuft die Etappe, wo ist die nächste Waschmaschine..........
Was ich von Anfang an sagte bewahrheitet sich - es wird bedeutungslos und unwichtig. Der ganze Planungszwang, der unsichtbare Griff nach Sicherheit, unnötig. Der Weg sorgt für dich. Der Weg plant für dich und stellt dir alles bereit was du brauchst. Nur der Weg ist wichtig - sonst nichts, absolut nichts anderes mehr. Das nötige Kleingeld natürlich vorausgesetzt.

Spanien ist ein modernes Industrieland, welches Deutschland in kaum was nachsteht. Gepaart mit der spanischen Lebensart, haben die Spanier hier was einzigartiges Geschaffen. Der Weg, egal wie unwägbar, ist durchgehend markiert. In Städten mit Schildern, oft mit aufgemalten gelben Pfeilen, auf dem Land mit weiss roten Markierungen - ein verlaufen fast unmögliche. Auf jeder Route gibt es mehrere öffentliche Trinkwasser Stationen. Alle 5-12km grosse Herbergen, die alles haben, was der Mensch braucht. Entlang des Weges findet man unzählige Bars mit Pilger Frühstück, Pilgermenu und sau geilem Kaffee. Einzig für Kaffejunkies .......das könnte schlimm ausgehen und dauern.
Etliche kleine Tante Emma Läden, hier supermercato genannt und auch Getränkeautomaten säumen den Weg.
Die Menschen hier sind fast alle ungewöhnlich freundlich. Ein jeder grüsst einen mit einem "ola", "buenos Dias" oder "bon camino". Die öffentliche Infrastruktur ist stellenweise so gut und auch liebevoll gestaltet, das sich so manche deutsche Stadt eine Scheibe abschneiden kann. Allen voran die Stadtreinigung. Müll scheint's hier keinen zugeben, dafür um so mehr Mülleimer.
Obwohl man hier auf freier Wildbahn agiert, ist man Rundum versorgt. Kein Wanderweg, kein camino in Deutschland kommt da auch nur ansatzweise ran.
Einzig Spanisch oder Englisch sollte man etwas können. Mit Deutsch kommt man hier nicht weit.
Für heute Nachmittag waren Gewitter gemeldet und tatsächlich regnet es im Moment. Gegen 2 sind die ersten Langstreckensprinter eingetroffen. Bei mir auf dem Zimmer 2. Der eine mit 30, der andere mit 38km Etappe. Gestartet sind beide um 6 in der Früh. Die meisten von denen sind drahtig schlank und sehen aus als hatten sie Ihr halbes Leben im Dschungel verbracht oder irgendwelche Wüsten durchquert. Wenn ich so drüber nachdenke......


Heute Vormittag ist einer an mir vorbei gejoggt. Mit riesen Rucksack. Nicht nur ein paar Meter. Ich hab den Typ mindestens eine 1/4h im Blickfeld gehabt. Wahnsinn. Ich werde jetzt die Not zur Tugend machen und erst einmal sämtliche dieser süssen Kaffees, derer ich habhaft werde besuchen.

Der Tag - Sprachen





Nach meiner Ankunft hab ich die meiste Zeit geschlafen. Interessanterweise treffe ich immer wieder Personen die ich kenne. Heute Abend haben Karl und Deborah zu mir aufgeschlossen. Auch den verrückten Iren Bernie sah ich wieder - natürlich hinter einem Bier. Kein Pup das der Man auslässt.
Heute Abend war eine gesellige Runde, an der ich mich aber nur bedingt beteiligt habe. Nach Gesellschaft war mir eh nicht der Sinn, dann noch in einer Fremdsprache...

Englisch ist Weltsprache, das merkt man hier immer wieder. Leider bestand die Runde fast nur aus native speaker heute Abend.
Mein englisch ist eh bescheiden, mit hören hab ich große Probleme, da ich es nicht gewohnt bin. Das doch eine andere dache als lesen oder schreiben, wo man schnell mal Google zu rate ziehen kann.
Oft muss ich etwas umschreiben oder einfach formulieren um mich auszudrücken. Ich kann nicht reden wie im deutschen. Mit Europäer klappt die Verständigung sehr gut, da diese oftmals das selbe Problem haben und die conversation sehr simpel gehalten ist. Holländer, Dänen, Schweden und Norweger sprechen englisch fast wie Muttersprachler. Mit diesen geht es aber auch sehr gut, da diese oft auch das ein oder andere Wort deutsch verstehen.

Ein native geht auch noch halbwegs, wenn er deutlich und langsam spricht - was meist nur der Fall ist wenn ich ihn alleine habe. Gestern Abend waren wir 5 Personen im Zimmer. 1x Ami, 1xNeuseeland, 1x England und 1x Australien - und ich. Als die ihre spässchen zusammen machten - keine Chance. Man versteht nur Fragmente. Das selbe heute Abend - fast nur Amis, ein Ire, Engländer - der Gesamtkommunikation zu Folgen unmöglich, einzelnen nur mit viel Konzentration. Die letzten 7 Tage, habe ich mich fast ausschließlich in Englisch verständigt und teils gute Gespräche von mehreren Stunden gehabt. Aber man merkt sehr schnell wo die Grenzen sind.

Gerade der Ire Bernie ist ein richtig lustiger Kerl aber auch mit üblem Akzent.....Das erste mal traf ich ihn in einem Ort namens Loca, irgendwo im nirgendwo. Ich lag halbtot eine Stunde alle 4e von mir streckend auf der Strasse, während er in der benachbarten Bar sein Bier schlürfte. Damals brauchte ich eine halbe Ewigkeit bis ich herausfand das der Kerl englisch redet. Das nächste mal dann in Los Arcos tranken wir zusammen Bier. Lektion : leg dich niemals mit einem Iren beim Bier trinken an. Bei Rotwein allerdings.....:)

Justin und Karl

Dafür hab ich heute Justin kennengelernt. Ebenfalls ein querschnittsgelähmter Ami, der mit seinen beiden besten Freunden die Tour unternimmt. Allerdings schieben diese ihn - kein Motor. Diese Lektion über wahre Freundschaft kam deutlich an.
Ebenfalls bemerke ich das ich hier immer öfter Tomaten kaufe und mit Brot esse. Ich hasse Tomaten. Das erinnert mich irgendwie an Tunesien, wo ich schon mal so einen Anfall hatte.
Auch die erste Paela, die richtig lecker war hatte ich heute.  Dabei bin ich gar nicht in Vilariba. Ich hasse normal Paela.
Ja auch kochen können die Spanier.
Oh und unten sitzt ein Helge Schneider double. Der Typ sieht aus - zum schießen. Wohlgemerkt bei 30 Grad zugepackt wie bei einer Troppensafari.



Posted via Blogaway Pro

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen