Da ich wieder halbwegs gefähig war bin ich spät los. Ich stehe meist um 7 auf und bin spätestens um 9 ins Bett. Bei der Belastung reicht selbst das kaum.
Es war kalt. 4 Grad. Es nieselt. Das Knie zwickt, das Sprunggelenk stimmt solidarisch ein, der rechte Fuss Juckt und reibt - da hat mich vor ein paar Tagen offenbar was gebissen, seitdem hab ich da einen riesen Krater.
Überhaupt sind die Temperaturen hier extrem. Saukalt, oder es brennt einem das Hirn raus. 15 Grad unterschied zwischen morgens und Abends sind normal. Daneben gibt's nur Nass. Entweder vom Regen oder vom Schweiß.
Alles in allem tausend Gründe wieder ins Bett zu gehen. Neben der physischen Belastung ist im Moment die physisch genauso gross, sich auch nur zu einem Schritt zu motivieren.
Glücklicherweise gaben die ganzen Aua's nach und ich konnte halbwegs schmerzfrei gehen, wenn auch widerwillig.
Ich war mir sicher das wird ein extrem kurzer Step und Ankunft ist Samstag. Freitag ist gestorben.
Die erste Pause brauchte ich schon nach 5km. Akkus leer. Der Weg, zwar eben und schön, hat es in sich. Auf und Ab. Als liefe man den Kuhberg permanent hoch und runter. Extrem Kräfte raubend - hab ja im Moment auch soviel. Das Knie merke ich unterschwellig immer wieder aber es hält.
Pilgern mal anders. Heck eines Kleinwagen und Esel.
Brücke auf Spanisch
Irgendwie hab ichs auf 14km gebracht und Sofi mit Mutter eingeholt. Was die Frau fightet und dabei lacht - unfassbar. Die Tochter weicht Ihr dabei nie mehr als 30m von der Seite, dann wartet Sie.
Unterwegs traf ich auf eine Bar namens Café Alemannia - Deutsches Kaffee.
Man kann ja über Deutsche sagen was man will - aber Sie können einfach nicht aus Ihrer Haut.
Ein Spanier käme nie auf die Idee. Bei denen bekommt man sogar zu jeder Bestellung kostenlose Häppchen gereicht.
In einem Anfall von Größenwahn gepaart mit völliger geistiger Umnachtung beschloss ich weiter zugehen. Ok vielleicht haben Voltaren Salbe und Bier Ihr übriges beigetragen. Aber ich bin weiter - im vollen Wissen das die nächste Herberge 11km enfernt ist und schon alles wehtat.
Es kam wie es kommen musste. Bergauf, bergab, out of Power. Rund 5km vorm Ziel fing das Knie wieder an, die Kräfte schwanden zusehends. Gegen 17:00 kam ich an - wahrlich auf dem Zahnfleisch. Die letzten 5km bin ich gehumpelt um das Knie zu entlasten, die Walkingstöcke hatte mehr die Funktion von Krücken, der Mitleid der Mitläufer war mein - obwohl die meisten die noch auf der Strecke waren ähnlich mies aussahen.
Die Wochenendpilger waren schon lange eingekehrt und haben auf Ihren Gepäckservice gewartet.
Ich meine es gibt hier eine Menge Kurzläufer dies ernst meinen - siehe Sofi und Mutter oder eine bayrische Familie mit 2 kleinen Kindern, mit der ich eben gespeist habe.
Aber wenn ich manche Leute sehe, spazieren, 10km am Tag, dann Massage, jede Bar nach einem Stempel stürmend um den Pilgerpass zu füllen. Normal braucht man den um Zugang zu Herbergen zu bekommen und die Nacht wird gestempelt als Pilgernachweis für Santiago um die Compostela zu bekommen. Aber die Stempeln in jeder Bar wo Sie halten machen - manche kommen sogar nur rein um zu stempeln und rennen dann weiter zur nächsten Bar. Jeder soll nach seiner Passion glücklich werden, aber verstehen tu ichs trotzdem nicht - warum sind die überhaupt hier? Um später prahlen zu können?
Der Körper ist und bleibt eine Kampfmaschine. Nach einer Stunde Sterben in meiner Gruft, könnte ich das Bett wieder verlassen, Duschen, Essen und das hier schreiben. Sogar die 300m zum Restaurant habe ich gepackt. Also zu Fuß, nicht im Taxi - auch wenn ich kurz darüber nachgedacht habe. Das Knie schmerzt zwar, aber nicht so stark. Ich glaube das humpeln half - auch wenn ich aussah und ging wie Quasimodo.
Km bis Santiago : 28
Ich geh mich wieder einsargen.
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